Prof. Dr. med. Hans Peter Hinselmann wurde am 6.8.1884 in Neumünster geboren. Sein Vater, Hans Peter Gustav Hinselmann, war in Neumünster als Braumeister tätig. Er wurde nach seinem Studium der Medizin (Gynäkologie) und anschließender Promotion nach Stationen in Jena und Gießen zunächst Professor an der Universitätsfrauenklinik Bonn, bevor er als Chefarzt der Frauenklinik und Leiter der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie am Allgemeinen Krankenhaus Altona nach Hamburg wechselte. Von 1933 bis 1946 war er Lehrbeauftragter der Universität Hamburg und Chefarzt der Frauenklinik.
Hinselmann gilt als Erfinder der Kolposkopie, einer Methode zur Früherkennung von Gebärmutterkrebs. 1935 war Hinselmann Dozent für Kolposkopie und Frühdiagnose des Uteruscarcinoms der Universität Hamburg.
Hinselmann war ein überzeugter Nationalsozialist, der bereits am 1.5.1933 in die NSDAP eintrat (Mitglieds-Nr. 2727321).
1943 hatte Hinselmann mit Experimenten im KZ Auschwitz zu tun (siehe „Splitter einer Recherche“). Eduard Wirths ließ dort als Standortarzt in Auschwitz durch einen Häftlingsarzt Kolposkopie-Versuche durchführen. Initiator war sein Bruder Helmut, ein Schüler Hinselmanns. Bei Auffälligkeiten wurde der Gebärmutterhals entfernt und im Hamburger Labor von Helmut Wirths unter Verantwortlichkeit von Hinselmann auf Vorstufen eines Gebärmutterhalskrebses untersucht. Im Juli 1934 wurde die erste Sterilisation unter der Diagnose der Erbkrankheit in der Frauenklinik Altona ausgeführt. Die Sterilisation nach Hinselmann aufgrund der Sterilisationsgesetze betrug in der Folgezeit 34 Prozent der gesamten Operationen und war damit die häufigste Operation in der Klinik. Unter Hinselmanns Verantwortung wurden von November 1944 bis Anfang 1945 nachweislich mindestens acht Sinti auf Anweisung der Gestapo sterilisiert. Die „Einwilligung“ in die Eingriffe wurde mit der Androhung des Transports nach Auschwitz erpresst.
Hinselmann wurde angeklagt und im Dezember 1946 von einem Militärgericht zu 3 Jahren Haft und Geldbuße von 100.000 Reichsmark verurteilt. Seine Berufung 1947 wurde abgewiesen. Hinselmann war 1949 wieder frei und arbeitete weiter als Frauenarzt in Hamburg-Großflottbek. Die Hamburger Gesundheitsbehörde erwog 1949 den Entzug der Approbation gemäß § 5 der Reichsärzteordnung. Auf die ersuchte Stellungnahme von der Ärztekammer schrieb der Vorstand der Kammer Folgendes zurück:
„...Der Vorstand der Ärztekammer ist nach nochmaliger reiflicher Überlegung erneut zu der Überzeugung gekommen, daß eine entscheidende Stellungnahme im Sinne einer Befürwortung oder Ablehnung der Entziehung der Bestallung bei der überaus schwierigen Beurteilung der Frage, ob hier eine schwere strafrechtliche oder sittliche Verfehlung des Arztes erwiesen ist, ohne weiteres nicht möglich ist. Das hier zugrunde liegende Problem der Euthanasie ist noch keineswegs im rechtlichen oder berufsethischen Sinne geklärt. Bekanntlich haben sich hervorragende Wissenschaftler und hochangesehene Persönlichkei-ten wie z.B. Hoche, Binding usw. im Sinne einer ethischen Berechtigung der Euthanasie ausgesprochen. Die Frage läuft daher letzten Endes mehr auf eine weltanschauliche hinaus...“
1956 wird Hinselmann Ehrenmitglied der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Am 18.4.1959 stirbt er in Hamburg, Kirchenweg 170.
Quellen:
-NSDAP-Zentralkartei (BArch R 9361-VIII/11190049, BArch R 9361-IX/15780378)
-Digitalkopie des Geburtsregistereintrages für Dr. Hans Peter Hinselmann (Stadtarchiv Neumünster)
-Ernst Klee / Das Personenlexikon zum Dritten Reich; Schenk (BKA)
-Stephan Krull / Die Geschichte der Gesundheitsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg im 20. Jahrhundert
-Jutta Hübner / "Splitter einer Recherche" oder "Geliebtes und gelobtes Kolposkop". Kolposkopie –Auschwitz –die Rolle der Frauenklinik Altona