Julius Bartram

Die Textilfabrik von Julius Bartram hatte ihren Sitz in der Wrangelstraße 9. Unter dem Markennamen "Juba" vertrieb das Unternehmen weltweit Wolldecken und Plaids sowie Herren- und Damenoberbekleidungsstoffe.

 

 

1856 gründete Julius Bartram den Betrieb in der Bahnhofstraße, der sich durch einen Umzug in die Fabrikstraße 1880 vergrößerte. Nach einem großen Brand mit vollständiger Vernichtung in der Fabrikstraße zog Bartram 1892 in die Wrangelstraße um. Das Gebäude dort wurde von Wilhelm Brockstedt errichtet. Mehr als 60 Webstühle ratterten in der Fabrik, die 1939 über 205 Beschäftigte verfügte und eine Fläche von 11.000 qm einnahm.

 

 

Im November 1942 sind die ersten ankommenden Transporte von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern aus dem Osten in Neumünster dokumentiert. Mindestens acht Transporte sind im November und Dezember 1942 eingetroffen. Für Julius Bartram wurden dabei eine Polin, vier Polen, und 44 Russinnen zugeteilt. Im Museum Tuch und Technik kann man sich heutzutage über das Schicksal von Olga Alexandrowna K. informieren, die im Dezember 1942 aus einem ukrainischen Dorf verschleppt wurde und bei Bartram Zwangsarbeit leisten musste.

 

 

Die Tuchfabrik unterhielt ein gemeinsames Lager mit der Wirkwarenfabrik H.F.W. Mehrens in einer ehemaligen Kalksandsteinfabrik am Rutenkamp. Außerdem waren aber auch 18 Arbeiterinnen im Arbeitslager am Ehndorfer Platz untergebracht, das zunächst Arbeitsdienstlager war und ab 1940 als Lager für Kriegsgefangene diente.

 

 

Am 1. November 1943 benötigten die Gebrüder Niemax Platz für 100 italienische Kriegsgefangene, daher schlug die Stadtverwaltung dafür das Lager am Rutenkamp vor. Sie schrieb Folgendes an Karl Niemax:

 

„In der der alten Kalksandsteinfabrik am Rutenkamp befindet sich ein der Firma Julius Bartram gehöriges Lager für Ostarbeiterinnen. Ich habe dem Eigentümer des Lagers … angeboten, die Ostarbeiterinnen nach dem städtischen Lager Faldera zu nehmen, wo die Unterbringung noch möglich wäre. Herr Bartram hat gegen diesen Vorschlag jedoch verschiedene Einwände. In der Hauptsache den, daß er … dann finanziell bedeutend schlechter gestellt sein würde wie das jetzt der Fall ist … Ich halte es für zweckmäßig, daß Sie selbst mit Herrn Bartram in Verbindung treten…“

 

 

Dass Bartram Wolldecken auch für das Militär produzierte und damit als Rüstungsindustrie arbeitete, geht aus einem Schreiben vom 2. Februar 1944 an die Stadt Neumünster hervor, in dem Julius Bartram 10 männliche Zwangsarbeiter anfordert.

 

 

Am 26. Januar 1945 klagt Bartram bei der Schutzpolizei Neumünster, Abteilung Ausländerüberwachung, über die allgemeine Arbeitsunlust bei den ausländischen Arbeitskräften, verursacht durch die militärische Lage. Hiervon wollte die Schutzpolizei dann den Leiter des SD, Vollbeer, verständigen.

 

Nach dem Krieg stieg die Anzahl der Arbeiter*innen noch einmal an, 1953 arbeiteten 269 Beschäftigte bei Julius Bartram. 1991 wurde Julius Bartram als letzte Tuchfabrik Neumünsters geschlossen, da sie dem Importdruck aus Billiglohnländern nicht standhalten konnte.

 

 

Quellen:
- StA NMS, MA 2846, 2862, 4484
- www.ihk-schleswig-holstein.de/blueprint/servlet/resource/blob/1376308/531816a0eb02f2c5cd6f1344d2566819/region-kiel-oktober-2013-data.pdf; zuletzt abgerufen am 17.11.2019
- taz.de/!611161/; zuletzt abgerufen am 17.11.2019
- www.wilhelm-brockstedt.de/unternehmen/; zuletzt abgerufen am 17.11.2019
- www.neumuenster.de/fileadmin/neumuenster.de/media/kultur_und_freizeit/tourismus/Service/web_mrh_faltblatt_regionalerouten_nms_en.pdf; zuletzt abgerufen am 17.11.2019