Die Straßenschlacht in der Lerchenstraße

Am 24. Juli 1932 kam es in der Lerchenstraße zu gewaltsamen Ausschreitungen. Nationalsozialisten aus Neumünster wollten an diesem Sonntagmorgen um 8:30 Uhr Flugblätter verteilen. Zahlreiche Bewohner der Häuser in der Lerchenstraße sollen den Nazis das Betreten der Grundstücke untersagt haben. Der Augenzeuge Karl Bracker berichtet, dass die Gegend um die Lerchenstraße eine Hochburg der SPD war. Keiner wollte Naziflugblätter haben. Er sagt weiterhin, dass die SA-Leute in braunen Uniformen auftraten und mit Pistolen, Knüppeln, Messern und Schulterriemen mit extra dicken Karabinerhaken ausgerüstet waren. Die in der Presse erschienenen Berichte ergreifen einseitig Partei für die Nazis, die „jungen Leute wären heftigen Anfeindungen ausgesetzt gewesen“. Tatsächlich erinnert sich Bracker an heftige Gewalt, aber es klingt sehr danach, dass die Anwohner in Notwehr handeln mussten. Ein Schlachter (einer der Nazis) hätte ein Messer im Stiefelschaft bei sich geführt, welches er auch gebrauchen wollte. Zu Beginn der Ausschreitungen wurde das Überfallkommando und die Rathaus-Polizeiwache verständigt, die ausrückten. Als sie ankamen, war die Straßenschlacht schon beendet.

 

 

In einem Artikel des Holsteinischen Couriers werden die Namen der Nazis aufgeführt, die sich beteiligten und bei den Auseinandersetzungen verletzt wurden:

 

 

Schwere Verletzungen:
Willi Heinen, Arbeiter, Kaserne 5
Otto Bierbach, Kaufmann, Kaserne 6
Albert Bachmann, Bootsbauer, Vicelinstraße 11
Heinrich Jöhnk (SA), Fischräucherer
Leichte Verletzungen:
Max Steffens (SA), Arbeiter, Großflecken 74
Walter Petersen (SA)
Noch beteiligt: Alfred Güstrau, Elektriker

 


Die von der Polizei aufgenommenen Ermittlungen führten zu mehreren Verhaftungen:
Bracker, Wolter, Sieck, Heiden, Lüttjohann, Schnoor, Warnke, Münster

 

 

Karl Bracker erinnert sich 50 Jahre später (1982) an die Straßenschlacht in der Lerchenstraße im Juli 1932:


„Die Nazis beherrschten in dieser Zeit schon die Straßen von Neumünster. Es war morgens um 08:30 Uhr, da kamen sie an, die Nazis. Ein ganzer Trupp mit Pistolen, in der Lerchenstraße. Sie verteilten Flugblätter und rempelten Passanten an. Unser Viertel war eine Hochburg der SPD. Nur an der Ecke wohnte ein Nazi, wir kannten ihn. Keiner wollte Naziflugblätter haben. Mein Bruder war gerade bei mir, er hatte einen dicken Handstock mit. Wir gingen auf die Straße. Ich hatte Turnzeug an. Da ging die Schlägerei los, beim dritten Haus schlugen sie sich schon. Die Nazis mit Knüppeln, Messern und ihren Schulterriemen mit extra dicken Karabinerhaken daran. Ich bekam einen Schlag über den Kopf damit. Ich fühlte das Blut über den Rücken laufen. „Mensch“, sagte ich zu meinem Bruder, „gib mir deinen Handstock“.

 

 

Im Prozess wurden über 15 Zeugen gehört, einige wie der Kaufmann Robert Bockfeldt gaben bereitwillig die Namen der sich in der Lerchenstraße verteidigenden Anwohner weiter: „Ihre Namen habe ich gleich der Polizei genannt.“ Es gab aber auch Zeugen wie Christian Flenker, der aussagte, nicht gesehen zu haben, dass auf die Nationalsozialisten eingeschlagen wurde.

 


Am Ende wurden in einem Urteil des Sondergerichts Bracker zu 1 Jahr 2 Monaten, Wolter zu 1 Jahr 6 Monaten, Sieck zu 1 Jahr 4 Monaten, Lüttjohann, Warnke und Schnoor zu 1 Jahr 2 Monaten, Heiden zu 8 Monaten und Münster zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Den Nazis, die die Lerchenstraße-Bewohner überfallen haben, ist nichts passiert.

 

 

Quellen:
- HC vom 25.7.1932
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