Ludwig Simons

Die Tuchfabrik Ludwig Simons in der Gartenallee 1 hatte 1939 zu Beginn des Krieges 275 Beschäftigte. Sie war eine der wichtigsten Firmen der Textilindustrie Neumünsters, in der 1924 35,3% der Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt waren. Zu weiteren wichtigen Unternehmen gehörten H.F. Rowedder, Chr. Fr. Köster, Julius Bartram, C. Sager, H.F.W. Mehrens, Westphalen, Wehrenpfennig und Hagelstein.

 


In der NS-Zeit wurden in nahezu allen Betrieben „Ostarbeiter-/innen“ als billige Arbeitssklaven eingesetzt. Die Betriebe mussten pro weiblichem oder männlichem Arbeiter 2 RM pro Tag für Verpflegung und Unterkunft an die Stadt Neumünster zahlen, die damit sehr viel Geld verdiente.
Aus einer von der britischen Militärverwaltung durchgeführten Umfrage von 1946 geht hervor, dass in Neumünster über 100 „Fabriken und sonstige Betriebe russische Staatsangehörige beschäftigt haben“. In einer weiteren Umfrage von 1949 wurde festgestellt, dass bei L. Simons 28 Ukrainerinnen, neun Russinnen und acht Weißrussinnen beschäftigt waren. Eine namentliche Liste vom 20.12.1946 geht von einer noch höheren Zahl aus: So waren bei Simons 12 Arbeiter und Arbeiterinnen aus Polen, 42 aus Russland, 4 aus Belgien und 1 Däne beschäftigt. Untergebracht waren diese im eigenen Betriebslager in der Gartenstraße (im Fabrikraum) sowie im Arbeitslager Wittorf in der Lindenstraße auf dem Grundstück der Norddeutschen Lederwerke. Verwaltet wurde das letztere Lager von der Deutschen Arbeitsfront (DAF). 450 Menschen waren dort auf engstem Raum zusammengepfercht, der Waschraum für Männer und Frauen war gleichzeitig der Raum zum Wäschewaschen, die Pissoirs sollen laut Bericht in „unmöglichem Zustand“ gewesen sein. Zwangsarbeiter, die in diesem Lager krank wurden, konnten kaum mit medizinischer Versorgung oder äzrtlicher Hilfe rechnen, denn hier war keine Krankenstube eingerichtet.

 


Von den "Ostarbeiterinnen" der Fa. Simons wurde am 13.12.1944 Klage darüber geführt, dass die Lebensmittelzuteilung für die Kinder gegenüber anderen Lägern zu wenig sei. Nach Nachprüfung wurde festgestellt, dass die Klage zurecht besteht. Offenbar hatte man beim Wirtschaftsamt der Stadt bei Lebensmitteln für die Kleinkinder einen anderen Verpflegungssatz eingeplant. Im Protokollbuch der Schutzpolizei Neumünster, Abteilung Ausländerüberwachung 1944/45 heißt es lapidar:

 

„Ein Verschulden der Fa. liegt nicht vor.“

 

Beim Luftangriff vom 25.10.1944 wurde eine Baracke der Tuchfabrik von Simons zerstört, 57 Personen wurden obdachlos und vorübergehend bei Chr. Fr. Köster (Gartenstraße 24) untergebracht. Ludwig Simons vermeldete am 17.11.1944, dass er umgehend eine neue Wohnbaracke aufstellen wolle.

 

Auch sonst scheint sich Simons, der bei Stadtchronist Karl Barlach als Nationalsozialist dargestellt wird, erbarmungslos gegenüber "Ostarbeiterinnen" verhalten zu haben. So meldet er noch am 15.12.1944 telefonisch, dass eine Ostarbeiterin ein Schwarzbrot und ein Stück Wurst (100 Gr.) unrechtmäßig erworben habe und Diebstahl vermutet würde. Wie festgestellt wurde, hatte die Ostarbeiterin das Brot und die Wurst von einer deutschen Frau erhalten, die im selben Betrieb beschäftigt war, weil sie so einen großen Hunger hatte. Wegen Belanglosigkeit wurden weitere Nachforschungen nicht angestellt.

 

 

Dass sich Simons auch an der Rüstungsproduktion beteiligt hat, geht aus einem Schreiben vom Arbeitsamt an den Oberbürgermeister vom 2.2.1944 hervor, indem gemeldet wird, dass "Fa. Ludwig Simons 5 männliche" ausländische Zwangsarbeiter anfordert.

 

 

Quellen:
- StA NMS, MA 1822a, 3125, 4989, 4990